Menschenunwürdige Arbeitsbedingungen: Fristlose Kündigung aufgrund von Beleidigungen gegen Chef und Kollegen unwirksam.

Wünscht sich nicht jeder ein schönes Büro auf Arbeit, in dem man sich wohl fühlt, mit einem guten Verhältnis zum Chef/Chefin und den Kollegen? Doch nicht jeder hat das Glück auch so etwas zu bekommen, denn so manch ein Arbeitsplatz gleicht auch in Deutschland noch einem Kellerloch und Probleme mit dem Arbeitgeber sind keine Seltenheit.
Genau diese Erfahrung musste auch eine Arbeitnehmerin aus Thüringen machen. Nachdem sie ein Kündigungsschutzverfahren gewonnen hatte und an ihren Arbeitsplatz zurückkehrte, musste sie zu ihrem Entsetzen feststellen, dass sie nun in einem von Schimmel und Mäusen befallenem Kellerraum, in dem nur 11˚C herrschte, Archivarbeiten erledigen sollte. Später erhielt sie dann zwar ein Büro, allerdings musste sie sodann schwere Akten weit und mühselig über einen Hof transportieren.

Im November 2019 wurde die Frau sodann fristlos gekündigt, nachdem sie mit einer ehemaligen Arbeitskollegin übers Telefon über ihren Arbeitgeber und ihre Kollegen herzog und diese als „fett“ und „blöd“ beleidigte. Außerdem setzte sie noch einen drauf indem sie behauptete, der Flur stinke, sobald ihr Chef diesen verließ.

Gegen die Kündigung erhob sie daraufhin Kündigungsschutzklage, mit Erfolg, wie sich herausstellte. Das Landesarbeitsgericht Thüringen entschied mit Urteil vom 29.06.2022 (AZ: 4 Sa 212/13) nämlich, dass die fristlose Kündigung nichtig sei, da zuvor keine Abmahnung erfolgt ist. Außerdem lägen hier mildernde Umstände vor, da die Arbeitsbedingungen der Klägerin absolut unzumutbar waren und ihr emotionaler Ausbruch somit nachvollziehbar sei. Diese Umstände rechtfertigen jedoch keine Beleidigungen, allerdings habe der Arbeitgeber aufgrund dieser ein höheres Maß an Zumutbaren hinzunehmen